Mit unserem Fortbildungsformat „Bildung unterwegs“ möchten wir außerschulische Lernorte entdecken, neue Perspektive auf vielleicht bekannte Inhalte gewinnen und für Schüler:innen erfahrbar machen. In einer Zeit, in der in Europa wieder Krieg herrscht, wollten wir uns mit Kriegserlebnissen aus dem 2. Weltkrieg auseinandersetzen.
So waren wir am 23. September in Leverkusen mit dem Fahrrad unterwegs und haben im Stadtteil Wiesdorf verschiedene Bunker aus dem 2. Weltkrieg angeschaut und viel über deren Geschichte gelernt. Herr Dr. Roland Schaper vom Verein der „Gästeführer:innen Leverkusen und Bergisches Land e.V.“ erläuterte zunächst, dass die Menschen in Deutschland bereits 1935 per Gesetz verpflichtet wurden, die Keller in Wohnhäusern so abzusichern, dass sie Bombeneinschlägen standhalten würden.
Einen Eindruck davon bekamen wir im Bunker, der sich bis heute unter der Wiesdorfer Christuskirche befindet: kleine, verschachtelte Räume, die Sitz- und Liegeplätze für Familien aus der Umgebung Platz boten während der Angriffe.
Ab 1940 wurden dann viele Bunker in Leverkusen als Hochbunker aus Stahlbeton errichtet, da für Tiefbunker mehr Material benötigt wurde und die Arbeiten zur Errichtung aufwändiger waren. Diese Arbeit wurde in der Regel von sogenannten „Fremdarbeitern“ aus der heutigen Ukraine ausgeführt, welche tragischerweise selbst keinen Zutritt zu den Bunkern hatten während der Bombenangriffe. Durch großen körperlichen Einsatz und trotz mangelnder Rohstoffe wurden Bunker mit bis zu acht Geschossen errichtet. Hier fanden über tausend Menschen Platz während der Luftangriffe.
Emotional berührt waren wir von den Zeitzeugenberichten, die Dr. Roland Schaper an mancher Station vortrug. Sie erzählten davon, dass z.B. Neugeborene im Alter von zwei Stunden in diesen Bunkern Luftangriffe überlebt haben, welche Ängste die Menschen im Bunker aushalten mussten und dass viele von ihnen nach den Luftangriffen ihre Wohnhäuser in Schutt und Asche vorfanden.
Auch heute noch prägen die Bunker aufgrund ihrer Größe, Höhe und Massivität das Stadtbild von Leverkusen. Einige von ihnen haben mittlerweile eine neue Nutzung erfahren, z.B. für Industrieunternehmen oder auch für ein Jugendzentrum. Manche stehen leer, da ein Umbau, z.B. zu Wohnhäusern sich aufgrund der Höhe und der massiven Wände als sehr schwierig und kostspielig gestaltet.
Der achtgeschossige Bunker in der Karl-Duisberg-Straße steht unmittelbar zwischen der Bayer-Werkssiedlung und dem Eingang zum Bayer-Werk, damals IG-Farben, welches ein vorrangiges Ziel der Luftangriffe war. Im obersten Stockwerk des Bunkers mit einem Grundriss von 11,85m x 14,40m übernahmen damals Werksmitarbeiter die Überwachung des Luftraums.
Bis heute ringen die Menschen in Leverkusen mit Fragen um die Nutzung, Erhaltung als Gedenkort und der Neugestaltung der prägenden Bauten.
Eine Fahrradtour entlang der eindrücklichen „steinernen Zeugen“ macht auch für Schüler:innen die Zeit des 2. Weltkriegs emotional wie historisch intensiv erfahrbar.
Pfarrerin Claudia von Aswegen