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Gerne gelesen … „Keine Zeit zu sterben“ Sicherheit neu denken!

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Keine Zeit zu sterben“ – der aktuelle 007-Kracher führt eindrücklich vor, dass die Bösewichter auf diesem Planeten nur mit unablässigem Schusswaffengebrauch und Sprengstoff in Schach zu halten sind. Der Subtext dieses Film-Genres im Grundsatz: Wer härter kämpfen kann, wer die besseren Waffenarsenale einsetzt, wird am Ende als Sieger in den Armen einer bildschönen Frau einen persönlichen Frieden genießen können. Ein Traum für das vorwiegend männliche Publikum, das neben spannenden Kämpfen sicher auch eine friedenspädagogische Grundierung mit ins eigene Leben nimmt.

Dass Frieden mit Gewalt hergestellt werden kann/muss, wird als traurige Tatsache gerne weiter gepflegt. Der Theologe Walter Wink* beschreibt dies allerdings als „Mythos der erlösenden Gewalt …“ Von dieser Analyse hat sich die Badische Landeskirche anstoßen lassen und bekennt sich seit 2013 – auf Betreiben einer anfänglich kleinen, aber hartnäckig arbeitenden Aktionsgruppe- eine „Kirche des gerechten Friedens“ sein zu wollen.

Zivile Sicherheitspolitik – Sicherheit neu denken
Von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik –
Ein Szenario bis zum Jahr 2040

Ihr Gegenentwurf „Sicherheit neu denken“ ist für mich der derzeit überzeugendste Versuch, friedenspolitisch einen Weg zur Abrüstung zu beschreiben und dabei die weltweiten ökonomischen Gewaltverhältnisse mit im Blick zu haben.

Herzstück dieses erfrischenden Buches ist die SZENARIO-Technik, mit der die Autorengruppe simplen wie steilen Richtigkeiten ausweicht. Denn im politischen Kontext klingen Forderungen wie „Raus aus der Nato“ für manche gut und griffig, aber viele werden dies Ziel für unrealistisch halten und nicht weiter verfolgen.

Die Autor:innen stellen drei Szenarien dar:

Das Negativszenario: Wenn wir alles so weiter laufen lassen, die 2 % Forderung für den Verteidigungshaushalt umsetzen, wird die kostenintensive Militarisierung der Welt-Ordnungspolitik weiter geführt. Gerechte Handelsbeziehungen, ein fairer Umgang mit Rohstoffen werden nicht hergestellt. Ressourcen, dem Klimawandel zu begegnen, stehen nur begrenzt zur Verfügung, Flüchtlingsströme werden zunehmen.

* in seinem Buch „Vom Wandel der Mächte“

Beim Trendszenario verläuft die Entwicklung etwas milder, zeitlich verzögert. Aber auch hier werden größere Fluchtbewegungen auf die Welt zukommen.

Das Positivszenario „nachhaltige zivile Sicherheit“ ist das Herzstück dieses 160 Seiten starken Buches: Die Autorengruppe argumentiert von einem friedenspolitischen Zustand aus, wie er im Jahr 2040 möglich sein könnte. Es könnte dann eine Sicherheitsarchitektur aufgebaut sein, bei der Konflikte mit präventiven Deeskalationsansätzen angegangen werden und – die Autor:innen sind nicht naiv – von weltweit operierenden UN-Polizeikräften, die unbeirrbaren Brutalos das Handwerk legen, flankiert werden.

Wie kann dieser Zustand Wirklichkeit werden? Auf 114 Seiten werden kleinschrittige Maßnahmen dargestellt, die den Weg zum Ziel anbahnen helfen. Beispielhaft nenne ich die Problematik Deutscher Rüstungsproduktion. Einen Stopp der Produktion und Export deutscher Waffen zu fordern, ist für den Ansatz der badischen Kirche viel zu kurz gesprungen. Sie bettet diese Aufgabe ein in ein Gesamtpaket, in dem Deutschland mit den Niederlanden und Schweden zusammen sich

I. um gerechte Außenbeziehungen bemühen werden und

II. nachhaltige Entwicklung in den EU Anrainerstaaten fördern werden

III. umso als Mitglied von EU,OSZE, der NATO und der UNO eine neue internationale
Sicherheitsarchitektur
zu stärken

IV Natürlich braucht es dafür eine widerstandsfähige Demokratie und

V. zu guter Letzt auch die Konversion der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie

Dass dieser Weg lang sein wird, ist klar. Aber das Aufzeigen einzelner Schritte – eingebettet in ein Gesamtkonzept – geben Orientierung und Kraft, diesen Weg zu beschreiten.

Hanser Brandt-von Bülow
Pfarramt für Berufskollegs

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