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Schüler:innen des Schiller Gymnasiums in Köln bei ihrem Vortrag am Löwenbrunnen (c) E. Broich

Gedenkstunde am Löwenbrunnen am 10. November 2025

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87. Jahrestag der Novemberpogrome 1938: Gedenkfeier mit Schülerinnen und Schülern an der Kölner Kindergedenkstätte Löwenbrunnen

Zum 87. Jahrestag der Novemberpogrome 1938 hieß der evangelische Schulreferent Dr. Rainer Lemaire zahlreiche Schülerinnen und Schüler, Mitglieder der Synagogen-Gemeinde Köln, Freundinnen und Freunde des Lern- und Gedenkortes Jawne sowie weitere engagierte Bürgerinnen und Bürger an der Kindergedenkstätte Löwenbrunnen willkommen. „Hier wird an die Deportation und Ermordung von über 1.100 jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Köln und Umgebung während des Nationalsozialismus erinnert“, sagte Derya Karadag (Grüne) in ihrem Grußwort. Es war ihr erstes als frisch gewählte Bürgermeisterin.

Erinnerung als gesellschaftliche Verantwortung

Die Kölner Bürgermeisterin Derya Karadag am Löwenbrunnen (c) E. Broich

Karadag bezeichnete den Löwenbrunnen als Ort des Lernens und Innehaltens. Die Namen auf dem Brunnen machten deutlich, dass Geschichte nicht nur in Büchern stehe. „Hier war einmal Leben, Lachen, Freundschaft – so wie bei euch Schülerinnen und Schülern von heute.“ Die Auseinandersetzung mit der Lebensgeschichte geretteter Jawne-Schüler gebe diesen ihre Stimme zurück. Erinnerung bedeute, hinzuschauen, zu verstehen, Verantwortung zu übernehmen. Dass Jugendliche sich mit der Stadtgeschichte auseinandersetzen und damit an die Öffentlichkeit gehen, sei ein starkes Zeichen.

Haltung zeigen gegen Antisemitismus und Hass

„Ihr beweist, dass Erinnerung lebendig bleibt, wenn Menschen wie ihr sie weitertragt“, so Karadag. Jüdinnen und Juden seien damals wie heute Teil der Kölner Stadtgesellschaft. Die Zunahme von Antisemitismus sei erschreckend. „Ihr setzt mit eurer Stimme, eurer Neugierde, eurem Mut ein Zeichen gegen das Vergessen und den Hass.“ Menschlichkeit sei stärker als Hetze. „Jede Jeck es anders“, zitierte sie das Kölsche Grundgesetz. „Das bedeutet: jede und jeder hat das Recht, so zu leben, zu glauben, zu lieben, wie er oder sie möchte – ohne Angst.“

Schülerbeiträge setzen persönliche Zeichen gegen das Vergessen

Auch die Schülerinnen und Schüler betonten, dass dieser Abschnitt deutscher Geschichte niemals vergessen werden dürfe. Man könne das Geschehene nicht ungeschehen machen, aber daraus lernen. Aufklärung sei entscheidend. Strukturen müssten erkannt, Fehlentwicklungen frühzeitig benannt werden. „Antisemitismus taucht nicht einfach auf“, so eine Schülerin. Schweigen bei „kleinen“ Bemerkungen verstärke ihn. Veranstaltungen wie diese seien unverzichtbar, um für die Rechte aller einzutreten.

Jugendliche des Montessori-Gymnasiums Bickendorf erinnerten an Heinz Grünebaum (Henry Gruen), Jahrgang 1923. Er habe früh Ausgrenzung erfahren, in der Pogromnacht die Gewalt der NS-Schergen und das Schweigen der Nachbarn erlebt. 1939 gelang ihm die Flucht mit einem Kindertransport nach England, später in die USA.

Schülerinnen und Schüler des Schiller-Gymnasiums Köln-Sülz stellten das Leben von Manfred Simon vor, der 1939 mit seinen Eltern in die USA floh. In einem Audiobeitrag berichtete der 1928 in Köln Geborene von traurigen Erinnerungen an den Schulhof, der ihn an die ermordeten Mitschüler erinnere. Nur dem Glück und der Flucht sei es zu verdanken, dass er überlebte.

Abschließend sprach Kantor Albert Zychlinsky das Gebet „El Male Rachamim“ im Gedenken an die Opfer der Schoa. Lemaire dankte den Jugendlichen ausdrücklich für ihr Engagement. Es sei ein wichtiges Zeichen gegen Judenfeindschaft, Antisemitismus und Rassismus. „Wir tragen keine Verantwortung für 1938 – aber wir tragen Verantwortung für das Heute“, so der Schulreferent.

Text: Engelbert Broich / Foto(s): Engelbert Broich / www.kirche-koeln.de